31.03.2012, 22:45
Hallo zusammen,
ich hab nun ein bissl gesucht und war ganz überrascht, nichts zu dem Thema gefunden zu haben, deshalb mache ich's mal auf - haut mich nicht gfleich tot, falls ich nur den Wald vor Bäumen nicht gesehen habe! ^^
Wir kennen es, es wird immer wieder massiv über das Thema gewettert, jaja, die Jugend von heute, nix als doofes Gedudel mit Sprechgesang und Eintänzern aus der Fischbratküche!
Aber ist das so richtig?
Zunächst erinnere ich mich nur zu gut an die Sprüche meiner Eltern zu der Musik, die ich als Jugendlicher in den 80ern so gehört habe, hörten sich irgendwie ziemlich ähnlich an. Und die hatten es doch gewiss ähnlich, Pilzköppe, unrasierte langhaarige haschgiftspritzende Stromgitarrenspieler und was sie sich sonst so dazu anhören mussten.
Schaut und hört man sich die Entwicklung solcher Kommentare an, stellt man fest, Musik KANN sich nur zurückentwickelt haben, speziell was den Mainstream angeht. Aber stimmt das auch?
Gehe ich in die frühe Nachkriegszeit finde ich sehr lebendige Musik, klar, der Weltkrieg war vorüber, das muss eine sehr befreite Stimmung gewesen sein und gleichzeitig ein Aufeinanderprallen von Freiheitsdrang und Prüderie. Der damals dominierende Rock'n'Roll wurde gerne belächelt, man machte sich über die Texte lustig, und seien wir ehrlich, 12-Takte-Schema vom Blues geklaut, ein bissl schneller gespielt, inhaltlich tiefe Texte á la Be-Bop-A-Lula oder Good Golly Miss Molly und so wild wie inbrünstig auch gespielt wurde, von echter Virtuosität konnte man nur selten reden. Wie heute wurde da einiges über Gehabe ausgeglichen.
Dann die 60er und 70er, man möchte da romantisierend an Led Zeppelin, Pink Floyd und so weiter denken, aber wie gesagt, wir reden von Mainstream, und der brachte ebenfalls wahre Kathastrophen mit sich - allerdings auch vieles mit Witz. Dennoch, war es wirklich besser als heute?
Die 80er betrachtend erinnere ich mich an die Initialzündung, mich nach Alternativen zum Mainstream umzusehen - Evely Thomas' "High Energy" war gerade hip, ich Teenager kaufte die Maxi und musste bald feststellen, daß ich sie nicht durchhören konnte, irgendwas fehlte, irgendwie passierte da nix, es war unbeschreiblich langweilig. Ich hatte selber angefangen Musik zu machen, spielte Gitarre und E-Bass, war total fasziniert von Level42, die es immerhin auch ab und an ins Radio schafften, saß in meiner Schulklasse in der Pause und hörte Hot Water, genau in der Bridge zog mir eine Klassenskameradin den Kopfhörer des Walkmans weg und hörte selber um dann laut auszurufen: "Bah, Du hörst ja Türkenmusik!"
Klar, manche Menschen, sogar erschreckend viele, brauchen ein durchgehendes "Bummbummbummbumm" um nicht aus dem Takt zu kommen, am besten nur ganz einfache Tonarten, keine Experimente, Synkopen und ein bissl jazzigere Töne = 5 vor Herzinfarkt, Teufelswerk, Negermusik! Damals wanderte mein Interesse ab vom Mainstream, aber als Radiohörer habe ich zumindest immer verfolgt, was so "angesagt" war.
Es gab viel Erschreckendes (Modern Talking rollte mir die Fußnägel hoch) aber auch immer wieder Lichtblicke (Mothers Finest - Baby Love hab ich geliebt), dann mit den 90ern wurde der Hiphop immer stärker.
Oh wie habe ich das verabscheut, kann nicht singen, muss sprechen, kann kein Instrument spielen, muss Platten verkratzen, was soll sowas? Und dann kommen da die Beastie-Boys daher, erstmal einfach lustige Partymucke, You Gotta Fight For Your Right To Party, No Sleep 'Til Brooklyn, irgendwo Hiphop, irgendwo trotzdem geil, irgendwann holte ich mir 'ne Scheibe von denen, die Ill Communication. Beeindruckend kreativ, ja wie kann das denn sein, Rapper sind doch alle hohl und wieso können die Jungs da Instrumente bedienen? Der Acid-Jazz kam auf, ich entdeckte Michael Franti & Spearhead für mich - die Allgemeinplätze mussten überdacht werden (von "Denken", nicht von "vor Regen schützen"). Deutsch-Hiphop wurde stärker, ich muss aber zugeben, dieser künstlich betroffene Tonfall vieler Deutschrapper hat mich stets abgeschreckt, auch wenn die Fanta4 - Unplugged mir gut gefallen Hat.
Die Spin Doctors begeisterten mich, ich war viel auf Open-Airs unterwegs, orientierte mich rockiger da meine Vorliebe für Funk und Jazzrock nicht ausreichend bedient wurde.
Da nähern wir uns der Schwelle zu diesem Jahrtausend, der Deutschrap treibt für mich entsetzliche Blüten wie "ich find' Dich scheiße", "Mr. Wichtig" usw., das von zwei völlig lächerlichen aufgetakelten Teeniezicken die nichtmal ch und sch unterscheiden können aufgesagt, später taucht dann noch Maskenonkel und "Aggro-Rapper" Sido auf und will mir was von seinem idyllischen Plattenbau (mein Block) erzählen - na dann lieber Silo, der Agrarrapper und "mein Dorf". (jaja ich weiß, der Mann nennt sich "MC Jeremy)
Aber es gibt auch Incubus, es gibt vereinzelt kreative Arbeiten bis heute im Mainstream, Gotye feat. Kimbra finde ich einen entsetzlichen Namen aber deren "somebody that i used to know" erinnert mich schon stark an Peter Gabriel oder Sting - gar nicht soo übel.
Ich habe das Gefühl, das Mainstream über alle Epochen hinweg vor allem Müll anzubieten hat, ich glaube nicht, daß es da eine "gute alte Zeit" gibt. Die Gründe liegen auf der Hand.
Einen Musiker auszubilden kostet Geld. Der weiß, was er wert ist und möchte das bezahlt sehen. Der beherrscht sein(e) Instrument(e), kann vielleicht richtig singen, er braucht natürlich fähige Tontechniker und hat seine eigenen Vorstellungen. Für eine richtige Band brauche ich davon dann gleich mehrere. Aber ich habe doch eine Alternative: Diesen Volltrottel aus dem Fitness-Studio, der, der immer mit der Parkplatzbegrenzungskette um den Hals rumrennt, die er mit Goldbronze besprüht hat. Der kann kein Instrument aber mein Tontechniker kann doch programmieren, der kann nicht singen aber sprechen reicht ja, Kamera immer schön von unten, ein paar (liebe Mods, bitte nicht hauen) Ärsche und Titten und ein paar unglaublich coole Handbewegungen, bums, wir haben einen Hit.
Allerdings, und das mag an meinem Alter liegen, empfinde ich gerade den richtig billigen Mainstream als nervender als früher, got some money in my pocket, wanna shop shop shop oder ein ohrenzerschmetternd genöhltes "edge of glory" - da kommt's mir richtig hoch. Aus dem Bauch heraus hat das für mich Ekel-Klassiker-Potential wie Last Chrismas, Whitney Houston's "Aaaaaaaaaaahahahaaaaaaaaahahahaaaaaiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii will always love youuuuuuuuuu uhuuuuuuuuu uuuuuuuuuuuh" oder Celine Dion's Titanik-Untergang.
Doch wie seht ihr das, gibt es einen anhaltenden Abwärtstrend in der Qualität der Mainstreammucke, verändert sich das Empfinden, gibt es das nicht?
Grüße, Oliver.
ich hab nun ein bissl gesucht und war ganz überrascht, nichts zu dem Thema gefunden zu haben, deshalb mache ich's mal auf - haut mich nicht gfleich tot, falls ich nur den Wald vor Bäumen nicht gesehen habe! ^^
Wir kennen es, es wird immer wieder massiv über das Thema gewettert, jaja, die Jugend von heute, nix als doofes Gedudel mit Sprechgesang und Eintänzern aus der Fischbratküche!
Aber ist das so richtig?
Zunächst erinnere ich mich nur zu gut an die Sprüche meiner Eltern zu der Musik, die ich als Jugendlicher in den 80ern so gehört habe, hörten sich irgendwie ziemlich ähnlich an. Und die hatten es doch gewiss ähnlich, Pilzköppe, unrasierte langhaarige haschgiftspritzende Stromgitarrenspieler und was sie sich sonst so dazu anhören mussten.
Schaut und hört man sich die Entwicklung solcher Kommentare an, stellt man fest, Musik KANN sich nur zurückentwickelt haben, speziell was den Mainstream angeht. Aber stimmt das auch?
Gehe ich in die frühe Nachkriegszeit finde ich sehr lebendige Musik, klar, der Weltkrieg war vorüber, das muss eine sehr befreite Stimmung gewesen sein und gleichzeitig ein Aufeinanderprallen von Freiheitsdrang und Prüderie. Der damals dominierende Rock'n'Roll wurde gerne belächelt, man machte sich über die Texte lustig, und seien wir ehrlich, 12-Takte-Schema vom Blues geklaut, ein bissl schneller gespielt, inhaltlich tiefe Texte á la Be-Bop-A-Lula oder Good Golly Miss Molly und so wild wie inbrünstig auch gespielt wurde, von echter Virtuosität konnte man nur selten reden. Wie heute wurde da einiges über Gehabe ausgeglichen.
Dann die 60er und 70er, man möchte da romantisierend an Led Zeppelin, Pink Floyd und so weiter denken, aber wie gesagt, wir reden von Mainstream, und der brachte ebenfalls wahre Kathastrophen mit sich - allerdings auch vieles mit Witz. Dennoch, war es wirklich besser als heute?
Die 80er betrachtend erinnere ich mich an die Initialzündung, mich nach Alternativen zum Mainstream umzusehen - Evely Thomas' "High Energy" war gerade hip, ich Teenager kaufte die Maxi und musste bald feststellen, daß ich sie nicht durchhören konnte, irgendwas fehlte, irgendwie passierte da nix, es war unbeschreiblich langweilig. Ich hatte selber angefangen Musik zu machen, spielte Gitarre und E-Bass, war total fasziniert von Level42, die es immerhin auch ab und an ins Radio schafften, saß in meiner Schulklasse in der Pause und hörte Hot Water, genau in der Bridge zog mir eine Klassenskameradin den Kopfhörer des Walkmans weg und hörte selber um dann laut auszurufen: "Bah, Du hörst ja Türkenmusik!"
Klar, manche Menschen, sogar erschreckend viele, brauchen ein durchgehendes "Bummbummbummbumm" um nicht aus dem Takt zu kommen, am besten nur ganz einfache Tonarten, keine Experimente, Synkopen und ein bissl jazzigere Töne = 5 vor Herzinfarkt, Teufelswerk, Negermusik! Damals wanderte mein Interesse ab vom Mainstream, aber als Radiohörer habe ich zumindest immer verfolgt, was so "angesagt" war.
Es gab viel Erschreckendes (Modern Talking rollte mir die Fußnägel hoch) aber auch immer wieder Lichtblicke (Mothers Finest - Baby Love hab ich geliebt), dann mit den 90ern wurde der Hiphop immer stärker.
Oh wie habe ich das verabscheut, kann nicht singen, muss sprechen, kann kein Instrument spielen, muss Platten verkratzen, was soll sowas? Und dann kommen da die Beastie-Boys daher, erstmal einfach lustige Partymucke, You Gotta Fight For Your Right To Party, No Sleep 'Til Brooklyn, irgendwo Hiphop, irgendwo trotzdem geil, irgendwann holte ich mir 'ne Scheibe von denen, die Ill Communication. Beeindruckend kreativ, ja wie kann das denn sein, Rapper sind doch alle hohl und wieso können die Jungs da Instrumente bedienen? Der Acid-Jazz kam auf, ich entdeckte Michael Franti & Spearhead für mich - die Allgemeinplätze mussten überdacht werden (von "Denken", nicht von "vor Regen schützen"). Deutsch-Hiphop wurde stärker, ich muss aber zugeben, dieser künstlich betroffene Tonfall vieler Deutschrapper hat mich stets abgeschreckt, auch wenn die Fanta4 - Unplugged mir gut gefallen Hat.
Die Spin Doctors begeisterten mich, ich war viel auf Open-Airs unterwegs, orientierte mich rockiger da meine Vorliebe für Funk und Jazzrock nicht ausreichend bedient wurde.
Da nähern wir uns der Schwelle zu diesem Jahrtausend, der Deutschrap treibt für mich entsetzliche Blüten wie "ich find' Dich scheiße", "Mr. Wichtig" usw., das von zwei völlig lächerlichen aufgetakelten Teeniezicken die nichtmal ch und sch unterscheiden können aufgesagt, später taucht dann noch Maskenonkel und "Aggro-Rapper" Sido auf und will mir was von seinem idyllischen Plattenbau (mein Block) erzählen - na dann lieber Silo, der Agrarrapper und "mein Dorf". (jaja ich weiß, der Mann nennt sich "MC Jeremy)
Aber es gibt auch Incubus, es gibt vereinzelt kreative Arbeiten bis heute im Mainstream, Gotye feat. Kimbra finde ich einen entsetzlichen Namen aber deren "somebody that i used to know" erinnert mich schon stark an Peter Gabriel oder Sting - gar nicht soo übel.
Ich habe das Gefühl, das Mainstream über alle Epochen hinweg vor allem Müll anzubieten hat, ich glaube nicht, daß es da eine "gute alte Zeit" gibt. Die Gründe liegen auf der Hand.
Einen Musiker auszubilden kostet Geld. Der weiß, was er wert ist und möchte das bezahlt sehen. Der beherrscht sein(e) Instrument(e), kann vielleicht richtig singen, er braucht natürlich fähige Tontechniker und hat seine eigenen Vorstellungen. Für eine richtige Band brauche ich davon dann gleich mehrere. Aber ich habe doch eine Alternative: Diesen Volltrottel aus dem Fitness-Studio, der, der immer mit der Parkplatzbegrenzungskette um den Hals rumrennt, die er mit Goldbronze besprüht hat. Der kann kein Instrument aber mein Tontechniker kann doch programmieren, der kann nicht singen aber sprechen reicht ja, Kamera immer schön von unten, ein paar (liebe Mods, bitte nicht hauen) Ärsche und Titten und ein paar unglaublich coole Handbewegungen, bums, wir haben einen Hit.
Allerdings, und das mag an meinem Alter liegen, empfinde ich gerade den richtig billigen Mainstream als nervender als früher, got some money in my pocket, wanna shop shop shop oder ein ohrenzerschmetternd genöhltes "edge of glory" - da kommt's mir richtig hoch. Aus dem Bauch heraus hat das für mich Ekel-Klassiker-Potential wie Last Chrismas, Whitney Houston's "Aaaaaaaaaaahahahaaaaaaaaahahahaaaaaiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii will always love youuuuuuuuuu uhuuuuuuuuu uuuuuuuuuuuh" oder Celine Dion's Titanik-Untergang.
Doch wie seht ihr das, gibt es einen anhaltenden Abwärtstrend in der Qualität der Mainstreammucke, verändert sich das Empfinden, gibt es das nicht?
Grüße, Oliver.