Filter für Aktivboxen
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richi44
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#1
15.08.2009, 10:09

Wie im Lautsprecher-Selbstbau bereits angekündigt hier die Berechnung einer Aktivweiche. Grundlage ist das Gratisprogramm FilterPro von Texas Instruments.    
In diesem Programm müssen wir (grün eingezeichnet) jeweils die Polzahl (pro Pol ergibt sich eine Steilheit von 6dB, für 24dB also Polzahl 4) und die Trennfrequenz eingeben (500Hz, 5kHz). Weiter ist es nötig, die Funktion Hochpass oder Tiefpass zu wählen (rot) und wie die Schaltung aufgebaut werden soll, also Sallen-Key oder MFB. Im Zweifelsfall ist Sallen-Key günstiger (blau) und letztlich die Filterart, also Butterworth oder Bessel (orange), wobei ich Bessel bevorzuge.

Hier das Prinzipschaltbild der Weiche.
   
Ich habe den Eingang bewusst mit einemTrafo ausgeführt. Damit ist es möglich, die Aktivbox an einer separaten Steckdose zu betreiben, ohne dass es zu Brummschleifen kommt. Und falls jemand Studiogeräte besitzt, kann er diese symmetrisch mit den Boxen verbinden.
Die erste Stufe besitzt einen Pegelregler, mit welchem zwischen etwa -3 und +15dBU ( 0,5V bis 4,4V) Nennpegel eingestellt werden kann. Daran schliessen sich die Filter mit einer (hier so gewählten) Trennfrequenz von jeweils 500Hz und 5000Hz an. Anschliessend die Ausgangsstufen, welche im Bass und in den Höhen regelbar ausgelegt sind, um die Wirkungsgrade der einzelnen Chassis an den Mitteltöner anzugleichen. Der Regelbereich umfasst etwa +/-10dB.
   
Das Detailschaltbild zeigt, dass die Hoch- und Tiefpässe unterschiedlich aufgebaut sind. Und es ist auch ersichtlich, dass beim Bandpass für den Mitteltöner zuerst der Hochpass eingesetzt ist und danach der Tiefpass. Letzteres hat folgenden Grund: Jede elektronische Schaltung erzeugt Rauschen und dieses Rauschen ist normalerweise höhenlastig (weisses Rauschen). Wird erst der Hochpass eingesetzt und danach der Tiefpass, so unterdrückt dieser das Rauschen, das der Hochpass hinzufügt. In umgekehrter Reihenfolge aber fällt diese Rauschunterdrückung weg.

Und zur unterschiedlichen Schaltung:
Bei einem mehrfach gegengekoppelten Hochpass sind zwei Kondensatoren in Serie, die vom Ausgang zum Eingang führen und somit für den vorausgehenden OPV eine kapazitive Last darstellen.     Je nach OPV ist dies tolerierbar oder auch nicht. Es ist auf jeden Fall vorteilhafter, an dieser Stelle die Sallen-Key-Schaltung zu verwenden.

Es gibt verschiedene Filterschaltungen und –Theorien. Teils sind zwei identische Filter hintereinander geschaltet, hier unterschiedliche. Wie erwähnt bevorzuge ich bei so steilen Filtern die Bessel-Charakteristik, da sich die Phasendrehungen in jenen Bereichen abspielen, bei welchen die Pegel schon deutlich abgesenkt sind und somit weniger Auslöschungen zu erwarten sind. Man könnte also davon ausgehen, dass eine Verpolung des Mitteltöners nicht notwendig sei. Nun hat aber jedes Chassis eine Phasendrehung über dem Frequenzgang und es ist letztlich auch davon abhängig, ob der Frequenzgang mit „richtiger“ oder „falscher“ Polung linearer wird. Eine Messeinrichtung mit einem Referenzmikrofon ist daher hier wie bei jeder anderen Boxenkonstruktion unumgänglich.

Die Betriebsspannung für dieses Filter beträgt +/-15V stabilisiert. Diese „übliche“ Speisung kann ausser mit einem eigenen Netzteil auch aus einer Endstufe bezogen werden.
Die Filterausgänge sind hier durch die Cinchanschlüsse symbolisiert. Falls man alle Endstufen für diese Boxenkonstruktion in ein Gehäuse zusammenfasst, sind natürlich keine Cinchanschlüsse nötig.


An dieser Stelle gleich ein paar Punkte zum Aufbau.
Natürlich kann man wie bei fertigen Aktivboxen üblich die Endstufen auf eine Alu-Rücklatte aufbauen. Wichtig ist aber, dass man daran denkt, dass Bauteile , die nicht direkt auf der Rückplatte montiert sind und damit keinen direkten Kontakt zum Kühlkörper haben, nicht gekühlt sind. Die Belastbarkeit muss entsprechend grösser gewählt werden. Und es ist irgendwie notwendig, diese zusätzliche Wärme abzuführen, was bei einem luftdichten Gehäuse nicht ganz unproblematisch sein dürfte. Wärmestaus müssen also sicher vermieden werden. Aber man darf auch einen Störfall nicht ausser Acht lassen. Das bedeutet, dass Stopfmaterial nicht brennbar sein darf und dass zwischen diesem und der Elektronik (die heissen Teile) ein Abstand sichergestellt werden muss. Es ist auch daran zu denken, dass die Elektronik Raum, also Volumen benötigt und dies in die Rechnung beim Gehäuse einfliessen muss.
Denkbar wäre ein Lautsprechergehäuse, das unten einen „Stauraum“ besitzt, in welchem die Endstufe eingeschoben werden kann. Diese ganze Geschichte kann so konstruiert werden, dass genügend Luftzirkulation vorhanden ist und damit eine Überhitzung sicher vermieden wird.
   

Jetzt haben wir die Box mit einem Nettovolumen von 25 Liter und einem Tieftöner, der 2x 80W verträgt, siehe Datenblatt.    
Und bei seiner Grösse und der maximalen Auslenkung von 8mm bekommen wir bei der errechneten Grenzfrequenz von 57Hz einen Schalldruck von 100dB. Dies alles lässt sich mit diversen Formeln berechnen. Ich möchte hier nicht weiter auf die Herleitung eingehen.
Tatsache ist, dass wir für diesen Pegel 25W Leistung benötigen (Schalldruck bei 1W = 86dB, bei 100dB = 14 dB mehr. 14 dB = 25 fache Leistung).Rein überlegungemässig könnten wir also annehmen, dass wir mit diesen 25W tatsächlich auskämen. Nun sind das aber gerade mal 100dB bei dieser Frequenz, also den 57Hz. Es ist aber so, dass durchschnittliche Musik weniger Pegel im tiefen Bass und in den höchsten Höhen hat. Die Leistung in den unteren Mitten (100Hz bis 500Hz) müsste um rund das 1,43 fache grösser sein. Der Bassverstärker müsste also mindestens 36W liefern, damit wir bei einer Tieftonbegrenzung bei 57Hz die maximale unverzerrte Wiedergabe erreichen. Diese 36W ergeben im Mittel (also ohne die tiefen Bässe) einen Schalldruck von 101.55dB. Würden wir den Tieftöner mit 160W betreiben, wie dies nach Datenblatt zulässig wäre, bekämen wir über die ganze Box gerechnet einen Schalldruck von maximal 111dB. Auch auf diese Rechnung möchte ich nicht im Detail eingehen, das muss ich mal gesondert in einem Berechnungsthread erklären.

Tatsache ist aber folgendes:
Wir können mit diesem Tieftöner nur maximal 100dB bei 57 Hz verzerrungsarm wiedergeben. Und bei noch tieferen Frequenzen nimmt die Membranauslenkung zu, was aber verzerrungsarm nicht mehr möglich ist. Tiefere Frequenzen verzerren oder sind leiser. Und wenn wir die Trennung bei 500Hz und 5000 Hz ansetzen, so hat der Tieftöner 45,3% der Wiedergabe zu übernehmen, der Mitteltöner 43,6% und der Hochtöner 11,1%
        Und berücksichtigen wir den Kennschalldruck der einzelnen Chassis, so wäre wie erwähnt im Bass mindestens 25W nötig, in den Mitten 3,812W und in den Höhen 0,485W.
Und rechnen wir mit der maximal zulässigen Leistung im Bass von 160W (auch wenn es klirrt aus dem Lautsprecher!), so ergäbe dies für die Mitten eine Verstärkerleistung von 24,4W und für die Höhen 3,1W!

Mit diesen bescheidenen Leistungen bekommen wir also bei allen Frequenzen oberhalb 100Hz einen Schalldruck von 111dB ohne Probleme. Und mehr ist von der Belastbarkeit des Tieftöners einfach nicht drin.
Wenn wir also diese Box so wie angedacht „konstruieren“, so wäre für den Bass ein Verstärker von 2x 80W an 8 Ohm / 160W an 4 Ohm nötig, für die Mitten ein Ding mit etwa 40W und für die Höhen eines mit 10W. Alles was darüber liegt, kann die Lautsprecher beschädigen und führt nicht mehr zu einer vernünftigen Wiedergabe, sondern nur zu Klirr.

Jetzt können wir aber eine ganz andere Rechnung aufmachen. Wir können sagen, wir möchten einen Frequenzgang linear bis 30Hz, also eine Grenzfrequenz von rund 20Hz und dies nicht sooo laut. Das entspräche einem maximalen Schalldruck von 80dB bei 20Hz. Und weil wie erwähnt der Schalldruck in den Tiefen abfällt (es gibt im Verhältnis im Orchester wenige so tief spielende Instrumente), kann man von einem Schalldruck von 100dB bei besagten 57Hz ausgehen. Es würde sich also an der Verstärkerleistung nichts ändern.
   
Es gäbe aber zwei Dinge zu berücksichtigen: Erstens müssten wir eine Entzerrung einbauen, welche die Bässe unterhalb etwa 100Hz langsam anhebt, also der gespiegelten Kurve des Lautsprecher-Simuprogramms entspricht. Zusätzlich darf diese Kompensation natürlich nicht bis ins Unendliche ansteigen, sondern die Grenze muss bei spätestens 20Hz steil abfallend gesetzt werden. Und zweitens wäre es sinnvoll und lautsprecherschonend, eine frequenzabhängige Signalbegrenzung einzuführen, damit bei lauten Stellen solche Tiefbässe mit zu grossen Auslenkungen nicht mehr an die Verstärker gelangen.
Diese beiden Zusätze, also die Entzerrung und auch diese dynamische Begrenzung würden den Rahmen dieses Threads sprengen und werden später mal separat behandelt.


Mit diesen Grundlagen wäre es auch möglich, eine Weiche für beliebig Frequenzen zu berechnen. Und wie gesagt kann man auch die Leistung der einzelnen Chassis berechnen. In diesem Thread habe ich erste Ansätze geliefert: http://ebmule.de/showthread.php?tid=858
Details folgen später.
Und man könnte damit auch die Verstärker auswählen, die benötigt werden.

Es wäre aber auch denkbar, die vorgestellte Box mit einem anderen Tief-Mitteltöner zu bestücken, der weniger tief geht. Zusätzlich könnte man dann in das Gehäuse noch einen echte Subwoofer einbauen. Da sind dann zusätzliche Massnahmen nötig, etwa eine weitere Auftrennung des Bassbereichs und allenfalls eine Schaltung zur Entzerrung des Sub, wenn man ihn in ein extrem kleines Gehäuse einbauen möchte.
Dies alles, also die Frage der Entzerrung, der Konstruktion einer entsprechenden Endstufe und der Einbau eines weiteren Filters in einer gesonderten Abteilung.
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