09.05.2010, 17:20
Hallo Leute,
ich nutze mal den Sonntag Nachmittag, diesen Bericht zu verfassen in dem zwei - nicht nur optisch - ungleiche Paare aufeinander treffen:
KEF iQ70:
Technische Daten:
Aufbau: Zweieinhalb-Wege-Bassreflex, Standlautsprecher
Chassis: 165 mm LF, 165 mm Uni-Q mit 19 mm Aluminium HF
Übergangsfrequenzen: 2,5 kHz
Empfindlichkeit (2.83V/1m): 90 dB
Max. Schalldruck: 111 dB
Verstärkeranforderungen: 15 - 150 W
Magnetisch abgeschirmt: ja
Impedanz: 8 Ohm
Frequenzgang: 36 Hz - 40 kHz
Gewicht: 14,0 kg
Abmessungen (H x B x T): 865 x 220 x 327 mm
Revox Reound S Brilliant
Technische Daten:
Übertragungsbereich (IEC): 30 Hz - 39 kHz
Belastbarkeit: 180 / 220 Watt
Impedanz: 4 Ohm
Kennschalldruck: 90dB / 1W / m
Abmessungen (H x B x T): 1265mm (inkl. Sockel) x 180mm x 315mm
Gewicht: 30kg
Ich habe Revox angeschrieben nach weiteren Informationen bezüglich der Technik, Bestückung, Frequenzen usw., sofern was zurückkommt, werde ich das aktualisieren
Einleitung:
Es ist ja bekanntlich umstritten, was man heutzutage unter "Highend" verstehen soll. Für die einen wird "Highend" ausschließlich über den Preis definiert, andere legen ihren Fokus auf den Klang, andere bringen mit der Optik und Verarbeitung neue Kriterien mit ins Boot. Natürlich gibt es noch andere Minderheiten, die unter Highend auch die Kunst verstehen, Kieselstein-ähnlichen Lautsprechern Klänge zu entlocken. Tatsächlich ist Highend eng verwandt mit "State of Art" und Freunde von Hifi-Zeitschriften werden diesen Begriff in der ein oder anderen Schlagzeile schon entdeckt haben. State of the Art nennt man den höchsten verfügbaren Entwicklungszustand einer bestimmten Technologie. Im englischen Sprachraum gibt es preisliche Abstufungen, Highend bezieht sich auf die hochpreisigen Waren, lowend auf Billigware. Offensichtlich muss also Highend noch hinreichend definiert werden, um den Begriff wirklich zuverlässig anwenden zu können. Aus meiner Sicht ist Highend im Sprachgebrauch eine Grauzone, in der jeder selbst die Kriterien setzen kann und wird. Dabei bezieht sich doch "End" auf etwas Definitives, ein Ende, eine Grenze. Wirft man mal einen Blick in die Ranglisten der Fachpresse, tauchen da am oberen Ende der Skala Lautsprecher wie eine Focal Grande Utopia für lässige 130000.- auf und ich denke in der Schickeria wird es auch noch andere Preise für Lautsprecher geben.
Ich definiere für mich selbst Highend als einen Zustand, an dem ich über eine Weile hinweg das für meine Möglichkeiten Bestmögliche erreicht habe. Bezogen auf meinen Status als Student und dem dazugehörigen Level an Kaufkraft, sowie meine Räumlichkeiten als Studentenbude habe ich sowohl mit den KEF iQ70 sowie mit den Revox Re:Sound S Brilliant und der angeschlossenen Elektronik meinen Status von Highend erreicht, zumal beide Paare als Aussteller/Gebraucht gekauft wurden, da der Neupreis mein Budget überstiegen hätte.
Bei der oberflächlichen Betrachtung der Werksangaben beider Lautsprecher sind die Unterschiede nicht ganz so groß. Sie teilen sich einen gleichen Wirkungsgrad, einen annähernd identischen Frequenzgang und mit Gebrauchtpreisen im oberen dreistelligen Bereich sind sie auch annähernd teuer, wenn auch die Brilliant etwas älter ist.
Aber das kritische Auge sieht bereits beim Betrachten der Bilder schon markante Unterschiede. Zumal wird die kleinere 2,5 Wege KEF nur von drei Treibern angetrieben, zudem verfügt sie über das berühmt-berüchtigte Uni-Q Chassis in dessen Mitte eine Hochtonkalotte "hinter Gittern" sitzt. Schweift der Blick rüber zu der Brilliant, stiert der Betrachter auf 5 scheinbar abgrundtiefe Löcher, hinter denen sich die vier Tief- und ein Tiefmitteltöner verstecken, die man hinter den sauber verarbeiteten Gittern aber nicht einmal sieht. Zwischen TMT und dem obersten Tieftöner der Brilliant sitzt der Hochtöner in Form einer Metallkalotte, ebenfalls vor neugierigen Kinderhänden und putzwütigen Frauenfingern von einer Gitterkonstruktion geschützt.
Wenn man das Erscheinungsbild beider Lautsprecher auf einen Punkt bringen müsste, würde man der Engländerin wohl Attribute wie "elegant", "schnörkellos" oder "modern" finden. Etwas ehrfurchtsvoller steht man vor den "Twin-Towers" aus der Schweiz, die kleiner gewachsenen Personen schon mal die Sicht versperren kann. "Autoritär", "mächtig" und doch "zeitlos schlicht" könnte man hier die Bewertungen verteilen. Das Bild beider Lautsprecher nebeneinander offenbart schon, dass der Test nicht ganz fair der Engländerin gegenüber ist, die sich aber doch mutig danebenstellt mit geschwellter Brust.
Meister Yoda neben Darth Vader, so könnte man meinen
Der Punkt Verarbeitung/Ausstattung lässt sich eigentlich recht rasch abhandeln. Beide liefern sich da keine Aussetzer, das Funier der KEFs wirkt hochwertig und bei oberflächlicher Betrachtung könnte man es auch für Echtholz halten. Dasselbe ist ordentlich verklebt, die Kanten sind zwar relativ scharf, aber sauber verarbeitet. Die Chassis sind ohne Spaltmaße im Gehäuse verschraubt. Ein Blick auf die Rückseite offenbart ein Bi-Amping taugliches Anschlussterminal, hochwertig und mit Kabelbrücken für den Mono-Betrieb versehen. Etwas störend wirkt lediglich der "made in China"-Aufkleber, den man aber auch abmachen kann. Die Brilliant macht ihrem Namen hier alle Ehre. Die gut 1,20m hohe Box steht auf einem stabilen Plexiglas-Sockel, Verarbeitungsfehler sucht man vergebens. Man könnte meinen, das Gehäuse wäre aus massivem Alu, wie es die Schweizer Konkurrenz von Piega verwendet. Allerdings ist auf ein das mehrfach versteifte MDF-Gehäuse, welches keine Partialschwingungen zulässt, eine nicht mal 1mm dünne Aluverkleidung aufgeklebt, die leider auch relativ anfällig für Kratzer und Schrammen ist. Auf der Rückseite finden sich zwei Bassreflexrohre, jeweils eines oberhalb der Anschlussterminals und eines auf ca 1m Höhe.
Im Vergleich zu den iQ70 sind die Brilliants nicht Bi-Amping fähig, haben aber auch einen hochwertigen vergoldeten Schraubanschluss, der auch für die Aufnahme von Bananensteckern verwendbar ist, letzteres ist auch bei den KEFs möglich. Der allgemeine Klassenunterschied in der Verarbeitung ist durchaus dem Preis geschuldet, immerhin bekommt man für ein Paar iQ70 nichtmal eine Brilliant gemessen an der UVP. Insofern sieht der Tester großmütig darüber hinweg.
Um ein halbwegs vernünftiges und objektives Testergebnis zu bekommen wurde zunächst ausgiebig mit den KEFs gehört, bevor umgesteckt wurde. Die Klangcharakteristik der KEF war mir ja schon länger bekannt, Analytik mischte sich bei ihr mit straffem aber nicht sehr tiefem Bass, prägend war das tolle Abstrahlverhalten der Uni-Qs welche ohne große Ausrichtung die knapp 3m Couch fast vollständig mit einem Sweetspot belegte.
Musik Stereo:
Dire Straits - Money for Nothing (der Tester macht sich eine Flasche Primitivo auf)
Die KEF geht beherzt ans Werk, der sich aufbauende Trommelwirbel wird gut und sauber wiedergegeben. Der anschließende rhythmische Bassdrum erfüllt den Raum mit angenehmem straffem Bass ohne dabei zu aufdringlich zu wirken. Durch die Uni-Qs wird eine sehr gute Bühne aufgebaut, Mark Knopfler steht im Zentrum und macht das, was er am besten kann. S-Laute und höhere Gitarrenriffs kommen leicht scharf rüber, bei hohen Pegeln tut das dezent in den Ohren weh, hat mich nie gestört, zumal mein AVR über den GEQ das Problem entschärft hat und ich selten auf hohen Lautstärken höre.
Schon bei dem ersten Testsong zeigt die Brilliant wo der Hase den Pfeffer hat. Der Trommelwirbel entfacht einen Basssturm und im Gegensatz zur der KEF zeigt die Brilliant doch ganz deutlich, dass da auf einige mehr Drums geschlagen wird. Der anschließende Bassdrum fährt dezent in die Magengrube, ohne dabei zum Dröhnen zu neigen. Lediglich bei höheren Pegeln neigt die vordere linke Brilliant aufgrund der Eck-Nahen Aufstellung zu leichtem Dröhnen. Ich werde mal mit den Reflexrohren zum späteren Zeitpunkt mal experimentieren müssen.
Friedemann - Bao Lan
Seit je her mein Referenz-Track zum Thema Bühnenbildung. Die KEFs konnten bereits schon vor einiger Zeit beweisen, wie gut ihnen diese Disziplin liegt. Fein säuberlich arbeitet die Engländerin die unterschiedlichen Instrumente heraus, der Gong steht hinten, Triangel links, Becken rechts.. der Tester sitzt auf der Couch und mit jedem auftauchenden INstrument geht der Kopf mal nach links und mal nach rechts in Richtung des Instruments. WEnn das Stück später an Fahrt aufnimmt, spielt die KEF mit englischer Vornehmlichkeit das ihr Abverlangte ab. Anstrengend wirkt auf Dauer das Saxophon und auch die Becken bewirken ein leichtes Zucken im Ohr bei höherem Pegel.
Die Schweizerin steht der KEF in nichts nach, löst fein säuberlich die Bühne auf und zeigt deutlich heraus wo die Instrumente stehen. Aber ist die links-rechts-Einordnung bei ihr etwas extremer, die KEF hat das präziser hinbekommen. Dafür scheppern die Becken nicht ganz so in die Ohren und das Saxophon kommt wesentlich angenehmer rüber als bei der KEF, auch bei hohen Pegeln. WEnn das STück an Dynamik gewinnt, schiebt die Brilliant ordentliche Bassschübe durch den Raum und zeigt der KEF deutlich, für was sie ihre insgesamt acht Basstreiber hat.
Owl City - On the wing
Der Track weist einen recht tiefen Bass auf, deshalb soll er auch mal als Testsong herhalten. Die KEF wirkt bei dem tiefen Bass schnell müde und klingt sich bei den untersten Frequenzen aus. Alles was darüber stattfindet stemmt sie mit betonter Lässigkeit, die ganz hohen Frequenzen wirken wieder leicht aggressiv.
Die Schweizerin zeigt ebenfalls, dass tiefster Bass auch nicht ihr Metier ist. Zwar legt sie auf die untere Grenzfrequenz der KEF noch einiges drauf, aber auch die ganz tiefen Töne gelingen ihr nur mit db-Abstrichen.
Habib Koité - Africa
Über die schöne Musik von Habib Koité habe ich ja bereits häufiger geschrieben und auch in diesem Test soll ein Track von ihm verwendet werden. Die vielen unterschiedlichen Bongos, die rauchige Stimme und rhytmische Klangstöcke leisten den Lautsprechern schon ein wenig ab.
Die KEF spielt wieder gewohnt lässig das Stück runter, schafft es auch die Emotion, die in dieser Musik steckt authentisch rüberzubringen. Schwer fällt ihr im Vergleich die Wiedergabe der unterschiedlichen Bongos, ich denke der zweite Tieftöner der größeren Schwester iQ90 würde diesen kleinen Defizit beheben. Aber das fällt wirklich nur auf, wenn man eine größere Box im Vergleich hört. Leider auch hier wirken die höheren Klangstöcke wieder etwas zu präsent.
Ich könnte die Trackliste jetzt noch um Einiges weiterführen, aber die anderen Lieder offenbaren eigentlich allesamt die gleichen Stärken und Schwächen beider Lautsprecher. Insofern hier eine Zusammenfassung der Eindrücke:
KEF iQ70:
+ tolle Bühne
+ super Abstrahlverhalten
+ trotz dem Hochton nicht kühl
- Basswiedergabe beschränkt
- teilweise aggressiver Hochton (bei hohen Pegeln)
Revox Reound S Brilliant:
+ tolle Bühne, nicht ganz so differenziert wie die KEF
+ mächtiger, dennoch präziser Bass
+ nie aufdringlicher Hochton
- Abstrahlverhalten nicht ganz so gut wie die KEF
Surround:
Ratatouille - Blitzschlag (DVD) (Tester gießt sich einen neuen Wein ein)
Die Blitzschlagszene sowie die anschließende ballernde Oma gelten schon länger zu meinen bevorzugten Szenen für die Bassdarstellung. Zugegebenermaßen war es nie von mir gewollt, die iQ70 ohne Sub zu betreiben, aber ich hab den kleinen Elac 111.2 verkauft, weil ich auf einen größeren umsteigen wollte. Demnach lässt zwar auch die iQ70 die Bude erzittern und so mancher Besitzer eines kleinen 5.1 Systems würde vermutlich doch begeistert sein. Die Schüsse der Oma werden punktgenau abgeliefert, aber die richtige Tiefe fehlt, die der Elac sonst gerade noch so hinbekommen hat.
Die Brilliant zeigt wieder einmal im Direktvergleich, dass sie die acht Tieftöner nicht umsonst hat und der Blitzschlag lässt die Fenster vibrieren. Der Tester hätte vorher mal den Pegelausgleich machen sollen..... Der Unterschied lässt sich eigentlich kurz erklären: Tiefer, noch präziser und auch bei hohem Pegel nicht angestrengt.
Starwars - Episode 3 - Schlacht um Couroscant (DVD)
Meine Referenz-Szene für Räumlichkeit und Dynamik. Tatsächlich schafft die KEF hier ein erstaunlich authentisches Klangbild, wennauch die Explosionen ohne den helfenden Elac nicht ganz so mächtig rüberkommen. Aber die Laser, die Maschinengeräusche, das Gequike von R2D2 usw werden prima abgestrahlt. Der große, große Vorteil der KEFs, die auch ohne Front-High eine erstaunlich große Bühne aufbauen.
Das gelingt der Brilliant nicht ganz so gut, wennauch sie die Szene durch ihre Bassfähigkeit besser darstellen kann, als die KEF ohne Sub. Wenn man der KEF einen potenten Sub zur Seite stellt, hätte es die Brilliant in dieser Szene wohl wirklich schwer.
Matrix 3 - der Kampf um Zion (DVD)
Auch eine Szene, die mich seit der Zeit in der ich zwei Revox Reound S Prestige mit zwei Elac 111.2 betrieben habe, nicht mehr loslässt. Die Mechs (Roboter) die von den Menschen benutzt werden um die Sentinel abzuwehren haben mir damals mit den Maschinengewehren das Gesicht massiert. Mit keinem anderen Lautsprecher habe ich dieses Ergebnis bisher wieder hinbekommen. Jetzt also die Hoffnung, dass es mit den Brilliant klappt. Und tatsächlich, sobald der Seargent anfängt loszuballern, massiert die Brilliant mit jedem Geschoss wieder das Gesicht. Ich schließe mal darauf, dass es an dem extrem schwingungsarmen Gehäuse liegen muss, dass es die Revox schaffen und Heco, KEF und Co eben nicht.
Fazit: (Tester gießt sich neu ein)
Auch wenn ich bei der Abstrahlung etwas Abstriche machen muss, der Test zeigt doch deutlich, welche hier die bessere Box ist. Zugegebenermaßen, der Test ist nicht ganz fair, aber das war ja im Vornherein klar. Interessant wäre wohl eine iQ9 im direkten Vergleich, da würde ich mir zumind. klanglich ein engeres Bild erwarten. Aber machen wir uns nichts vor, eine würdige Gegnerin für die schöne Revox wäre definitiv eine KEF xQ 40, die dann auch in Punkto Verarbeitung auf einem Niveau ist. Die leichte Bassschwäche der KEFs und der gerade bei hohen Pegeln im Vergleich scharfe Hochton haben den großen Unterschied gemacht, der von dem Abstrahlverhalten auch nur bedigingt wieder gut gemacht werden konnte. Aber allem in allem hat die "kleine" Kef der groß aufspielenden Revox nichts entgegenzusetzen.
Mit der altbewährten Kombination aus KEF/Yamaha habe ich wieder mein persönliches Highend gefunden. Hier gehe ich keinen Kompromiss ein sondern habe eine schöne zeitlose Optik, sehr gute Verarbeitung und einen hervorragenden Klang für wenig Geld (in Relation zur UVP) gefunden. Und spätestens mit der Brilliant wird umso mehr deutlich, was der Yamaha RX-V1800 für ein klanglicher Leckerbissen ist.
ich nutze mal den Sonntag Nachmittag, diesen Bericht zu verfassen in dem zwei - nicht nur optisch - ungleiche Paare aufeinander treffen:
KEF iQ70:
Technische Daten:
Aufbau: Zweieinhalb-Wege-Bassreflex, Standlautsprecher
Chassis: 165 mm LF, 165 mm Uni-Q mit 19 mm Aluminium HF
Übergangsfrequenzen: 2,5 kHz
Empfindlichkeit (2.83V/1m): 90 dB
Max. Schalldruck: 111 dB
Verstärkeranforderungen: 15 - 150 W
Magnetisch abgeschirmt: ja
Impedanz: 8 Ohm
Frequenzgang: 36 Hz - 40 kHz
Gewicht: 14,0 kg
Abmessungen (H x B x T): 865 x 220 x 327 mm
Revox Reound S Brilliant
Technische Daten:
Übertragungsbereich (IEC): 30 Hz - 39 kHz
Belastbarkeit: 180 / 220 Watt
Impedanz: 4 Ohm
Kennschalldruck: 90dB / 1W / m
Abmessungen (H x B x T): 1265mm (inkl. Sockel) x 180mm x 315mm
Gewicht: 30kg
Ich habe Revox angeschrieben nach weiteren Informationen bezüglich der Technik, Bestückung, Frequenzen usw., sofern was zurückkommt, werde ich das aktualisieren
Einleitung:
Es ist ja bekanntlich umstritten, was man heutzutage unter "Highend" verstehen soll. Für die einen wird "Highend" ausschließlich über den Preis definiert, andere legen ihren Fokus auf den Klang, andere bringen mit der Optik und Verarbeitung neue Kriterien mit ins Boot. Natürlich gibt es noch andere Minderheiten, die unter Highend auch die Kunst verstehen, Kieselstein-ähnlichen Lautsprechern Klänge zu entlocken. Tatsächlich ist Highend eng verwandt mit "State of Art" und Freunde von Hifi-Zeitschriften werden diesen Begriff in der ein oder anderen Schlagzeile schon entdeckt haben. State of the Art nennt man den höchsten verfügbaren Entwicklungszustand einer bestimmten Technologie. Im englischen Sprachraum gibt es preisliche Abstufungen, Highend bezieht sich auf die hochpreisigen Waren, lowend auf Billigware. Offensichtlich muss also Highend noch hinreichend definiert werden, um den Begriff wirklich zuverlässig anwenden zu können. Aus meiner Sicht ist Highend im Sprachgebrauch eine Grauzone, in der jeder selbst die Kriterien setzen kann und wird. Dabei bezieht sich doch "End" auf etwas Definitives, ein Ende, eine Grenze. Wirft man mal einen Blick in die Ranglisten der Fachpresse, tauchen da am oberen Ende der Skala Lautsprecher wie eine Focal Grande Utopia für lässige 130000.- auf und ich denke in der Schickeria wird es auch noch andere Preise für Lautsprecher geben.
Ich definiere für mich selbst Highend als einen Zustand, an dem ich über eine Weile hinweg das für meine Möglichkeiten Bestmögliche erreicht habe. Bezogen auf meinen Status als Student und dem dazugehörigen Level an Kaufkraft, sowie meine Räumlichkeiten als Studentenbude habe ich sowohl mit den KEF iQ70 sowie mit den Revox Re:Sound S Brilliant und der angeschlossenen Elektronik meinen Status von Highend erreicht, zumal beide Paare als Aussteller/Gebraucht gekauft wurden, da der Neupreis mein Budget überstiegen hätte.
Bei der oberflächlichen Betrachtung der Werksangaben beider Lautsprecher sind die Unterschiede nicht ganz so groß. Sie teilen sich einen gleichen Wirkungsgrad, einen annähernd identischen Frequenzgang und mit Gebrauchtpreisen im oberen dreistelligen Bereich sind sie auch annähernd teuer, wenn auch die Brilliant etwas älter ist.
Aber das kritische Auge sieht bereits beim Betrachten der Bilder schon markante Unterschiede. Zumal wird die kleinere 2,5 Wege KEF nur von drei Treibern angetrieben, zudem verfügt sie über das berühmt-berüchtigte Uni-Q Chassis in dessen Mitte eine Hochtonkalotte "hinter Gittern" sitzt. Schweift der Blick rüber zu der Brilliant, stiert der Betrachter auf 5 scheinbar abgrundtiefe Löcher, hinter denen sich die vier Tief- und ein Tiefmitteltöner verstecken, die man hinter den sauber verarbeiteten Gittern aber nicht einmal sieht. Zwischen TMT und dem obersten Tieftöner der Brilliant sitzt der Hochtöner in Form einer Metallkalotte, ebenfalls vor neugierigen Kinderhänden und putzwütigen Frauenfingern von einer Gitterkonstruktion geschützt.
Wenn man das Erscheinungsbild beider Lautsprecher auf einen Punkt bringen müsste, würde man der Engländerin wohl Attribute wie "elegant", "schnörkellos" oder "modern" finden. Etwas ehrfurchtsvoller steht man vor den "Twin-Towers" aus der Schweiz, die kleiner gewachsenen Personen schon mal die Sicht versperren kann. "Autoritär", "mächtig" und doch "zeitlos schlicht" könnte man hier die Bewertungen verteilen. Das Bild beider Lautsprecher nebeneinander offenbart schon, dass der Test nicht ganz fair der Engländerin gegenüber ist, die sich aber doch mutig danebenstellt mit geschwellter Brust.
Meister Yoda neben Darth Vader, so könnte man meinen
Der Punkt Verarbeitung/Ausstattung lässt sich eigentlich recht rasch abhandeln. Beide liefern sich da keine Aussetzer, das Funier der KEFs wirkt hochwertig und bei oberflächlicher Betrachtung könnte man es auch für Echtholz halten. Dasselbe ist ordentlich verklebt, die Kanten sind zwar relativ scharf, aber sauber verarbeitet. Die Chassis sind ohne Spaltmaße im Gehäuse verschraubt. Ein Blick auf die Rückseite offenbart ein Bi-Amping taugliches Anschlussterminal, hochwertig und mit Kabelbrücken für den Mono-Betrieb versehen. Etwas störend wirkt lediglich der "made in China"-Aufkleber, den man aber auch abmachen kann. Die Brilliant macht ihrem Namen hier alle Ehre. Die gut 1,20m hohe Box steht auf einem stabilen Plexiglas-Sockel, Verarbeitungsfehler sucht man vergebens. Man könnte meinen, das Gehäuse wäre aus massivem Alu, wie es die Schweizer Konkurrenz von Piega verwendet. Allerdings ist auf ein das mehrfach versteifte MDF-Gehäuse, welches keine Partialschwingungen zulässt, eine nicht mal 1mm dünne Aluverkleidung aufgeklebt, die leider auch relativ anfällig für Kratzer und Schrammen ist. Auf der Rückseite finden sich zwei Bassreflexrohre, jeweils eines oberhalb der Anschlussterminals und eines auf ca 1m Höhe.
Im Vergleich zu den iQ70 sind die Brilliants nicht Bi-Amping fähig, haben aber auch einen hochwertigen vergoldeten Schraubanschluss, der auch für die Aufnahme von Bananensteckern verwendbar ist, letzteres ist auch bei den KEFs möglich. Der allgemeine Klassenunterschied in der Verarbeitung ist durchaus dem Preis geschuldet, immerhin bekommt man für ein Paar iQ70 nichtmal eine Brilliant gemessen an der UVP. Insofern sieht der Tester großmütig darüber hinweg.
Um ein halbwegs vernünftiges und objektives Testergebnis zu bekommen wurde zunächst ausgiebig mit den KEFs gehört, bevor umgesteckt wurde. Die Klangcharakteristik der KEF war mir ja schon länger bekannt, Analytik mischte sich bei ihr mit straffem aber nicht sehr tiefem Bass, prägend war das tolle Abstrahlverhalten der Uni-Qs welche ohne große Ausrichtung die knapp 3m Couch fast vollständig mit einem Sweetspot belegte.
Musik Stereo:
Dire Straits - Money for Nothing (der Tester macht sich eine Flasche Primitivo auf)
Die KEF geht beherzt ans Werk, der sich aufbauende Trommelwirbel wird gut und sauber wiedergegeben. Der anschließende rhythmische Bassdrum erfüllt den Raum mit angenehmem straffem Bass ohne dabei zu aufdringlich zu wirken. Durch die Uni-Qs wird eine sehr gute Bühne aufgebaut, Mark Knopfler steht im Zentrum und macht das, was er am besten kann. S-Laute und höhere Gitarrenriffs kommen leicht scharf rüber, bei hohen Pegeln tut das dezent in den Ohren weh, hat mich nie gestört, zumal mein AVR über den GEQ das Problem entschärft hat und ich selten auf hohen Lautstärken höre.
Schon bei dem ersten Testsong zeigt die Brilliant wo der Hase den Pfeffer hat. Der Trommelwirbel entfacht einen Basssturm und im Gegensatz zur der KEF zeigt die Brilliant doch ganz deutlich, dass da auf einige mehr Drums geschlagen wird. Der anschließende Bassdrum fährt dezent in die Magengrube, ohne dabei zum Dröhnen zu neigen. Lediglich bei höheren Pegeln neigt die vordere linke Brilliant aufgrund der Eck-Nahen Aufstellung zu leichtem Dröhnen. Ich werde mal mit den Reflexrohren zum späteren Zeitpunkt mal experimentieren müssen.
Friedemann - Bao Lan
Seit je her mein Referenz-Track zum Thema Bühnenbildung. Die KEFs konnten bereits schon vor einiger Zeit beweisen, wie gut ihnen diese Disziplin liegt. Fein säuberlich arbeitet die Engländerin die unterschiedlichen Instrumente heraus, der Gong steht hinten, Triangel links, Becken rechts.. der Tester sitzt auf der Couch und mit jedem auftauchenden INstrument geht der Kopf mal nach links und mal nach rechts in Richtung des Instruments. WEnn das Stück später an Fahrt aufnimmt, spielt die KEF mit englischer Vornehmlichkeit das ihr Abverlangte ab. Anstrengend wirkt auf Dauer das Saxophon und auch die Becken bewirken ein leichtes Zucken im Ohr bei höherem Pegel.
Die Schweizerin steht der KEF in nichts nach, löst fein säuberlich die Bühne auf und zeigt deutlich heraus wo die Instrumente stehen. Aber ist die links-rechts-Einordnung bei ihr etwas extremer, die KEF hat das präziser hinbekommen. Dafür scheppern die Becken nicht ganz so in die Ohren und das Saxophon kommt wesentlich angenehmer rüber als bei der KEF, auch bei hohen Pegeln. WEnn das STück an Dynamik gewinnt, schiebt die Brilliant ordentliche Bassschübe durch den Raum und zeigt der KEF deutlich, für was sie ihre insgesamt acht Basstreiber hat.
Owl City - On the wing
Der Track weist einen recht tiefen Bass auf, deshalb soll er auch mal als Testsong herhalten. Die KEF wirkt bei dem tiefen Bass schnell müde und klingt sich bei den untersten Frequenzen aus. Alles was darüber stattfindet stemmt sie mit betonter Lässigkeit, die ganz hohen Frequenzen wirken wieder leicht aggressiv.
Die Schweizerin zeigt ebenfalls, dass tiefster Bass auch nicht ihr Metier ist. Zwar legt sie auf die untere Grenzfrequenz der KEF noch einiges drauf, aber auch die ganz tiefen Töne gelingen ihr nur mit db-Abstrichen.
Habib Koité - Africa
Über die schöne Musik von Habib Koité habe ich ja bereits häufiger geschrieben und auch in diesem Test soll ein Track von ihm verwendet werden. Die vielen unterschiedlichen Bongos, die rauchige Stimme und rhytmische Klangstöcke leisten den Lautsprechern schon ein wenig ab.
Die KEF spielt wieder gewohnt lässig das Stück runter, schafft es auch die Emotion, die in dieser Musik steckt authentisch rüberzubringen. Schwer fällt ihr im Vergleich die Wiedergabe der unterschiedlichen Bongos, ich denke der zweite Tieftöner der größeren Schwester iQ90 würde diesen kleinen Defizit beheben. Aber das fällt wirklich nur auf, wenn man eine größere Box im Vergleich hört. Leider auch hier wirken die höheren Klangstöcke wieder etwas zu präsent.
Ich könnte die Trackliste jetzt noch um Einiges weiterführen, aber die anderen Lieder offenbaren eigentlich allesamt die gleichen Stärken und Schwächen beider Lautsprecher. Insofern hier eine Zusammenfassung der Eindrücke:
KEF iQ70:
+ tolle Bühne
+ super Abstrahlverhalten
+ trotz dem Hochton nicht kühl
- Basswiedergabe beschränkt
- teilweise aggressiver Hochton (bei hohen Pegeln)
Revox Reound S Brilliant:
+ tolle Bühne, nicht ganz so differenziert wie die KEF
+ mächtiger, dennoch präziser Bass
+ nie aufdringlicher Hochton
- Abstrahlverhalten nicht ganz so gut wie die KEF
Surround:
Ratatouille - Blitzschlag (DVD) (Tester gießt sich einen neuen Wein ein)
Die Blitzschlagszene sowie die anschließende ballernde Oma gelten schon länger zu meinen bevorzugten Szenen für die Bassdarstellung. Zugegebenermaßen war es nie von mir gewollt, die iQ70 ohne Sub zu betreiben, aber ich hab den kleinen Elac 111.2 verkauft, weil ich auf einen größeren umsteigen wollte. Demnach lässt zwar auch die iQ70 die Bude erzittern und so mancher Besitzer eines kleinen 5.1 Systems würde vermutlich doch begeistert sein. Die Schüsse der Oma werden punktgenau abgeliefert, aber die richtige Tiefe fehlt, die der Elac sonst gerade noch so hinbekommen hat.
Die Brilliant zeigt wieder einmal im Direktvergleich, dass sie die acht Tieftöner nicht umsonst hat und der Blitzschlag lässt die Fenster vibrieren. Der Tester hätte vorher mal den Pegelausgleich machen sollen..... Der Unterschied lässt sich eigentlich kurz erklären: Tiefer, noch präziser und auch bei hohem Pegel nicht angestrengt.
Starwars - Episode 3 - Schlacht um Couroscant (DVD)
Meine Referenz-Szene für Räumlichkeit und Dynamik. Tatsächlich schafft die KEF hier ein erstaunlich authentisches Klangbild, wennauch die Explosionen ohne den helfenden Elac nicht ganz so mächtig rüberkommen. Aber die Laser, die Maschinengeräusche, das Gequike von R2D2 usw werden prima abgestrahlt. Der große, große Vorteil der KEFs, die auch ohne Front-High eine erstaunlich große Bühne aufbauen.
Das gelingt der Brilliant nicht ganz so gut, wennauch sie die Szene durch ihre Bassfähigkeit besser darstellen kann, als die KEF ohne Sub. Wenn man der KEF einen potenten Sub zur Seite stellt, hätte es die Brilliant in dieser Szene wohl wirklich schwer.
Matrix 3 - der Kampf um Zion (DVD)
Auch eine Szene, die mich seit der Zeit in der ich zwei Revox Reound S Prestige mit zwei Elac 111.2 betrieben habe, nicht mehr loslässt. Die Mechs (Roboter) die von den Menschen benutzt werden um die Sentinel abzuwehren haben mir damals mit den Maschinengewehren das Gesicht massiert. Mit keinem anderen Lautsprecher habe ich dieses Ergebnis bisher wieder hinbekommen. Jetzt also die Hoffnung, dass es mit den Brilliant klappt. Und tatsächlich, sobald der Seargent anfängt loszuballern, massiert die Brilliant mit jedem Geschoss wieder das Gesicht. Ich schließe mal darauf, dass es an dem extrem schwingungsarmen Gehäuse liegen muss, dass es die Revox schaffen und Heco, KEF und Co eben nicht.
Fazit: (Tester gießt sich neu ein)
Auch wenn ich bei der Abstrahlung etwas Abstriche machen muss, der Test zeigt doch deutlich, welche hier die bessere Box ist. Zugegebenermaßen, der Test ist nicht ganz fair, aber das war ja im Vornherein klar. Interessant wäre wohl eine iQ9 im direkten Vergleich, da würde ich mir zumind. klanglich ein engeres Bild erwarten. Aber machen wir uns nichts vor, eine würdige Gegnerin für die schöne Revox wäre definitiv eine KEF xQ 40, die dann auch in Punkto Verarbeitung auf einem Niveau ist. Die leichte Bassschwäche der KEFs und der gerade bei hohen Pegeln im Vergleich scharfe Hochton haben den großen Unterschied gemacht, der von dem Abstrahlverhalten auch nur bedigingt wieder gut gemacht werden konnte. Aber allem in allem hat die "kleine" Kef der groß aufspielenden Revox nichts entgegenzusetzen.
Mit der altbewährten Kombination aus KEF/Yamaha habe ich wieder mein persönliches Highend gefunden. Hier gehe ich keinen Kompromiss ein sondern habe eine schöne zeitlose Optik, sehr gute Verarbeitung und einen hervorragenden Klang für wenig Geld (in Relation zur UVP) gefunden. Und spätestens mit der Brilliant wird umso mehr deutlich, was der Yamaha RX-V1800 für ein klanglicher Leckerbissen ist.